GedichteGedichte

Eine Liste der schönsten Herbstgedichte - Klassiker als auch moderne; sowohl kurz als auch lang - und manche sind auch lustig.


Wie schön die Blätter
älter werden,
voller Licht und Farbe
sind ihre letzten Tage.

John Burroughs

Im September

Wir wollen in den Nussbusch gehn
Und dort einmal zum Rechten sehn.
Das Eichhorn und der Häher
Sind arge Nüssespäher,
Der Buntspecht und die Haselmaus,
Die lieben auch den Nusskernschmaus!
Sie nagen und sie zwicken,
Sie hacken und sie picken,
Und wer nicht kommt zur rechten Zeit,
Geht, wie ihr wisst, der Mahlzeit queit.

Wir wollen in den Garten gehen
Und dort einmal zum Rechten sehn.
Zur Nachtzeit war es windig!
Nun seht nur her! Was find ich
Im sand’gen Steig, im grünen Gras,
Bald hier, bald dort? Was ist denn das?
Äpfel mit roten Stirnen
Und goldgestreifte Birnen!
Und dort beim Eierpflaumenbaum …
O seht nur hin! Man glaubt es kaum!

Wir wollen an den Zaun hin gehn
Und dort einmal zum Rechten sehn.
Was steht denn gleich dahinter?
O seht, zwei arme Kinder!
Sie ladet hinter ihrem Haus
Kein Garten ein zu frohem Schmaus.
Da sollte man doch denken:
Heut’ gibt’s was zu verschenken!
Und merkt ihr erst, wie wohl das tut,
Da schmeckt es euch noch mal so gut.

Heinrich Seidel


"Der Herbst ist ein zweiter Frühling, wo jedes Blatt zur Blüte wird." [Albert Camus]

Herbstabend

Der Abend klimmt den Berg hinan,
Der Nebel wogt im Tal,
Hoch auf dem braunen Fels verglomm
Der Sonne goldner Strahl.

Vielstimmiges Geläute trägt
Der kühle Wind zu mir,
Heimzieh’nde Herden läuten sanft
Den Tag und sich zur Ruh‘.

So melancholisch liegt vor mir
Die abendliche Flur,
Als sehnte nach Erlösung sich
Die müde Kreatur.

Julius Sturm (1816 - 1896); Aus der Sammlung "Gott grüße dich!"

Der Herbst ist gekommen

Wacht auf ihr Burschen,
Der Morgen graut,
Der Herbst ist gekommen,
Ach seht doch, ach schaut.

Ach welch' schönes Leben,
Nun wieder beginnt,
Es blühen die Reben,
Es stürmet der Wind!

Es spielt der Wind im Kieselsande,
Es reift der Pfirsich und die Pflaum',
Es schwebt ein süßer Duft im Lande,
Es fällt ein jedes Blatt vom Baum,

Jetzt ist nun da des Sommers Ende,
Es blüht nun schon die Haselnuss'
Der Sommer reicht mir seine Hände,
Zu einem süßen Abschiedskuss.

Joachim Ringelnatz

Blätterfall

Leise, windverwehte Lieder,
mögt ihr fallen in den Sand!
Blätter seid ihr eines Baumes,
welcher nie in Blüte stand.

Welke, windverwehte Blätter,
Boten, naher Winterruh,
fallet sacht! … ihr deckt die Gräber
mancher toten Hoffnung zu.

Heinrich Leuthold (1827 - 1879)

Auf die Strudlhofstiege zu Wien

Wenn die Blätter auf den Stufen liegen
herbstlich atmet aus den alten Stiegen
was vor Zeiten über sie gegangen.

Mond darin sich zweie dicht umfangen
hielten, leichte Schuh und schwere Tritte,
die bemooste Vase in der Mitte
überdauert Jahre zwischen Kriegen.

Viel ist hingesunken uns zur Trauer
und das Schöne zeigt die kleinste Dauer.

Heimito von Doderer; aus dem Roman "Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre" (1951)

Anmerkung: Die Strudlhofstiege ist eine Freitreppe von architektonischer und literarischer Bedeutung in Wien, Österreich. Sie befindet sich im 9. Bezirk Alsergrund und ist nach der ehemaligen Kunstschule des Malers Peter Strudel (um 1660 - 1714) benannt.

Zucchini, Tomaten und Aubergine von Renoir

Gemälde: "Zucchini, Tomaten und Aubergine" (Courgettes, tomates et aubergine; 1915) von Pierre-Auguste Renoir (Öl auf Leinwand, 16 x 25 cm) mit Photoshop bearbeitet.


 


Viel Glück zur Reise, Schwalben!
Ihr eilt, ein langer Zug,
Zum schönen warmen Süden
In frohem kühnen Flug.

Gern möchte wohl die Reise
Ich einmal tun mit euch,
Zu seh'n die tausend Wunder,
Die darbeut jedes Reich.

Doch immer käm ich wieder,
Wie schön auch jedes Land,
Und reich an Wundern wäre,
Zurück in's Vaterland.

Elisabeth Kulmann


Hast du gesehn, wie Licht und Schatten
so nahe beieinander liegen?
Hast du gefühlt, wie Schmerz und Freude
sich innig aneinander schmiegen?

Sieh' nur, der Himmel dicht verhangen,
und Nebel ziehen feucht und grau;
doch hinter diesem Wolkenschleier,
das weißt du wohl, ein lichtes Blau.

Und wenn des Herzens tiefes Leiden
mit Trauer oft dein Auge füllt,
ist doch im tiefsten stillen Grunde
ein Himmel, ewig klar und mild.

Julie von Hausmann (1826 - 1901)

Blauer Schmetterling

Flügelt ein kleiner blauer
Falter vom Wind geweht,
Ein perlmutterner Schauer,
Glitzert, flimmert, vergeht.

So mit Augenblicksblinken,
So im Vorüberwehn
Sah ich das Glück mir winken,
Glitzern, flimmern, vergehn.

Hermann Hesse

 

 

Weitere Gedichte über die Jahreszeiten

 

 

Herbstgefühl - Johann Wolfgang von Goethe
Das erste Herbstblatt - Max Dauthendey
Schön im goldnen Ährenkranz - Friedrich Rückert
Fülle - Conrad Ferdinand Meyer
Weinlese - Ernst Stadler

Herbstbeginn

Herbst

Der du die Wälder färbst,
Sonniger, milder Herbst,
Schöner als Rosenblüh'n
Dünkt mir dein sanftes Glüh'n.

Nimmermehr Sturm und Drang,
Nimmermehr Sehnsuchtsklang;
Leise nur atmest du
Tiefer Erfüllung Ruh'.

Aber vernehmbar auch
Klaget ein scheuer Hauch,
Der durch die Blätter weht:
Daß es zu Ende geht.

Ferdinand von Saar


Ich liebe den Herbst; seine Traurigkeit passt gut zu Erinnerungen. Wenn die Bäume entlaubt sind, wenn der Abendhimmel noch in den tiefroten Farben glüht, die einen goldigen Schein über das Heu werfen, dann sieht man mit Entzücken alles verlöschen, was jüngst noch im Herzen brannte. [Gustave Flaubert, 1821-1880]


Herbst

Nun kommen die letzten klaren Tage
Einer müderen Sonne.
Bunttaumelnde Pracht,
Blatt bei Blatt.
So heimisch raschelt
Der Fuß durchs Laub.
O du liebes, weitstilles Farbenlied!
Du zarte, umrißreine Wonne!
Komm!
Ein letztes Sonnenblickchen
Wärmt unser Heim.

Da wollen wir sitzen,
Still im Stillen,
Und in die müden Abendfarben sehn.
Da wollen wir beieinander sitzen
In Herbstmonddämmer hinein
Und leise
Verlorene Worte plaudern.

Johannes Schlaf (1862-1941)


Herbststimmung

Es wird schon recht bedenklich kühle,
Und schwächlich sind die Sonnenstrahlen,
Die zitternd auf dem Bürgersteige
Fast buttergelbe Kringel malen.

Das Laub wird täglich gelb und gelber;
Allmählich fällt es von den Bäumen,
Und jeder, der nur halb gebildet,
Muß Angesichtes dessen träumen.

Das Alter naht im raschen Laufe,
Und alles Sträuben ist vergebens;
Die Haare bleichen und verschwinden.
So ist Natur ein Bild des Lebens.

Ja, ja, es füllen sich die Herzen
Mit sonderbarer Todesahnung.
Und was wir in den Straßen sehen,
Ist auch nur eine leise Mahnung.

Die Witwen kommen von den Gräbern,
Die sie mit aller Liebe schmückten,
Man sieht die Spuren ihrer Tränen,
Die sie im schönen Aug' zerdrückten.

Man fühlt beim Anblick solcher Szenen
Den ganzen Frost der Lebenslage,
Und die verhängnisvolle Kürze
Der uns beschiednen Erdentage.

Ludwig Thoma, 1867-1921

Nun lass den Sommer gehen - Joseph von Eichendorff
Abend im Frühherbst - Maria Luise Weissmann

Herbstgefühl - Friedrich Karl von Gerok
Herbstlied - Ludwig Tieck
Blätterfall - Christian Morgenstern
Die Blätter fallen - Rainer Maria Rilke
Ein jedes Blatt zur Erde will - Max Dauthendey
Rausche, Laub - Klabund

Der bunte Herbst ist da

Mein Eigentum - Friedrich Hölderlin
Herbst - Joseph Freiherr von Eichendorff
Herbst - Die Zauberei im Herbste - Joseph Freiherr von Eichendorff
Herbst - Nikolaus Lenau
Herbst - Detlev von Liliencron
Herbst - Theodor Storm
Der Herbst - Georg Heym
Im Herbst - Wilhelm Busch
Über die Heide - Theodor Storm

To autumn - John Keats
Chanson d` automne - Paul Verlaine

Herbsttag und Herbstnacht

Aus weißen Nebeln tauchen schwarze Bäume - Hermann Löns
Herbsttag - Christian Friedrich Hebbel
Herbsttag - Rainer Maria Rilke
Herbstmorgen - Theodor Fontane
Spaziergang am Herbstabend - Christian Friedrich Hebbel
Herbstnacht - Johann Gaudenz von Salis-Seewis

Herbststimmung

Herbstgefühl

Grünen, Blühen, Duften, Glänzen,
Reichstes Leben ohne Grenzen,
Alles steigernd, nirgends stockend.
Selbst die kühnsten Wünsche lockend:

Ja, da kann ich wohl zerfließen,
Aber nimmermehr genießen;
Solche Flügel tragen weiter
Als zur nächsten Kirschbaum-Leiter.

Doch, wenn rot die Blätter fallen,
Kühl die Nebelhauche wallen,
Leis durchschauernd, nicht erfrischend,
In den warmen Wind sich mischend:

Dann vom Endlos-Ungeheuren
Flücht' ich gern zum Menschlich-Teuren,
Und in einer ersten Traube
Sieht die Frucht der Welt mein Glaube.

Friedrich Hebbel, 1813-1863

Der Herbst - Friedrich Hölderlin
Der Herbst II - Friedrich Hölderlin
Herbstsonne ist kalt gestiegen - Max Dauthendey
Herbstklage - Joseph von Eichendorff
Herbstwind - Heinrich Heine
Herbstlied - Freiherr Johann Gaudenz von Salis-Seewis
Herbstraben - Max Dauthendey
Die letzte Wärme - Max Dauthendey
Jahreszeit - Georg Trakl
Verklärter Herbst - Georg Trakl
Im Weinland - Georg Trakl
Herbst des Einsamen - Georg Trakl
Sonniger Nachmittag - Georg Trakl
Herbst - Joachim Ringelnatz
Les colchiques - Guillaume Apollinaire

Die Geschichte vom fliegenden Robert

Wenn der Regen niederbraust,
wenn der Sturm das Feld durchsaust,
bleiben Mädchen oder Buben
hübsch daheim in ihren Stuben.
Robert aber dachte: Nein!
Das muss draußen herrlich sein!

Und im Felde patschet er
mit dem Regenschirm umher.
Hui, wie pfeift der Sturm und keucht,
dass der Baum sich niederbeugt!
Seht! Den Schirm erfasst der Wind,
und der Robert fliegt geschwind

durch die Luft so hoch, so weit.
Niemand hört ihn, wenn er schreit.
An die Wolke stößt er schon,
und er Hut fliegt auch davon.

Schirm und Robert fliegen fort
durch die Wolken immerfort.
Und der Hut fliegt weit voran,
stößt zuletzt am Himmel an.

Wo der Wind sie hingetragen,
ja, das weiß kein Mensch zu sagen.

Heinrich Hoffmannn, 1809-1894

 

Spätherbst - Herbstnebel - Spuren der Vergänglichkeit

komm in den totgesagten park und schau - Stefan George
Im nebelnden Abend - Max Dauthendey
Vergänglichkeit - Max Dauthendey
Allein gelassen bei Erinnerungen - Max Dauthendey


Das ist nicht Sommer mehr, das ist September ... Herbst:
diese großen weichen Wolken am Himmel,
diese feinen weißen Spinnwebschleier in der Ferne
und hinter den Gärten mit den Sonnenblumen
der ringelnde Rauch aufglimmender Krautfeuer ...
und diese süße weiche Müdigkeit und diese
frohe ruhige Stille überall und trotzdem wieder
diese frische, satte, erntefreudige, herbe Kraft ...
das ist nicht Sommer ... das ist Herbst.

Cäsar Flaischlen, 1864-1920


O goldner Oktober,
Mit deinem Glanz und Licht,
Wie sehr du uns erheitest,
Mit deinem goldenen Gesicht!

Die Bäume tragen Kronen,
Von gelbem Glanz so schön,
Der Wind, der leise weht,
Lässt die bunten Blätter sehn.

Heinrich Seidel, 1842-1906

November

Es kommt eine Zeit,
da lassen die Bäume
ihre Blätter fallen.
Die Häuser rücken enger zusammen.
Aus dem Schornstein kommt Rauch.

Es kommt eine Zeit,
da werden die Tage klein
und die Nächte groß,
und jeder Abend hat
einen schönen Namen.

Einer heißt Hänsel und Gretel.
Einer heißt Schneewittchen.
Einer heißt Rumpelstilzchen.
Einer heißt Katherlieschen.
Einer heißt Hans im Glück.
Einer heißt Sterntaler.

Auf der Fensterbank
im Dunkeln,
daß ihn keiner sieht,
sitzt ein kleiner Stern
und hört zu.

Elisabeth Borchers, 1926-2013

Willkomm’ner Herbst

Schleicht der Herbst auf meinem Gartensteg,
Streut mir welke Blätter in den Weg.

Schaut in meine Augen tief und zag,
Ob mein klarer Blick sich feuchten mag.

Aber ich in milder Seelenruh‘
Neige lächelnd ihm mein Antlitz zu.

Dankend legt er in die Hände mir
Seiner letzten Astern blasse Zier.

Anna Dix, 1874-1947

Herbst

Oktoberwind liegt auf dem Bauche
und wirbelt frech mit kaltem Hauche
die welken Blätter in die Welt.
Die blassen Fensterscheiben zittern,
die Bäche sind erschreckt und flittern,
die Hasen ducken sich ins Feld.

Du, hohe Sonne, kämpfst vergebens
mit schwachem Strahle kranken Lebens:
der Winter wartet auf dem Berg.
Die Verse sind ganz steif gefroren,
sie haben allen Schwung verloren
und humpeln wie ein alter Zwerg.

Richard von Schaukal, 1874-1942

November

Die Luft ist grau, das Feld steht kahl,
die dumpfen Nebel spinnen:
Kein Ton, kein Sang, kein Farbenstrahl:
Glück zog und Glanz von hinnen.

Rings Stille – matt starb selbst der Wind –
ein Rabe huscht an den Steinen:
Mir ist, ich hör' mein fernes Kind
bitter, bitter weinen.

Felix Dahn, 1834-1912

 

 

Siehe auch: