Sommerferien - Reisezeit
Reiselust - Fernweh - Sehnsucht - "unterwegs
sein"
Reiselied
Durch Feld und Buchenhallen
Bald singend, bald fröhlich still,
Recht lustig sei vor allem,
Wer's Reisen wählen will.
Wenn's kaum im Osten glühte,
Die Welt noch still und weit:
Da weht recht durchs Gemüte
Die schöne Blütenzeit !
Die Lerch' als Morgenbote
Sich in die Lüfte schwingt,
Eine frische Reisenote
Durch Wald und Herz erklingt.
O Lust, vom Berg zu schauen
Weit über Wald und Strom,
Hoch über sich den blauen
Tiefklaren Himmelsdom!
Vom Berge Vöglein fliegen
Und Wolken so geschwind,
Gedanken überfliegen
Die Vögel und den Wind.
Die Wolken ziehn hernieder,
Das Vöglein senkt sich gleich,
Gedanken gehn und Lieder
Fort bis ins Himmelreich
Joseph Freiherr von Eichendorff, 1788-1857
Ferien
Es ist so schön, in freier Zeit zu wühlen –
an den Minuten wie am Süßholz kauen –
mit den Gedanken Tennis oder Fußball spielen –
aus den Ideen ein Kartenhäuslein zu erbauen –
auf einer Wolke über Berg und Tal zu reiten –
der Wind als treuer Köter hinterdrein –
auf einem Glockenton in weite Fernen gleiten –
und in der Einsamkeit nicht einsam und allein zu sein.
Fred Endrikat, 1890-1942
Asphalt, leb wohl
Es ist so schön, das Köfferlein zu packen
und dem Asphalt zu sagen lebewohl.
Für ein paar Tage sich nicht abzuplacken,
fort aus dem grauen Dunstkreis des Benzol.
Auf, in die Berge oder in das Grüne.
Hinein ins Meer und in den Sand der Düne.
Nur fort nach irgendeinem Ruhepol.
Ich mache Ferien. Asphalt, leb wohl.
Ich hör' im Geist der Herde Glocken läuten,
statt Straßenbahn und Telefon.
Ich pfeife auf die Kunst der Pharmazeuten
und schlürfe Luft und Fichtenwaldozon.
Mein Glück ist wahrlich kaum noch zu beschreiben,
einmal acht Tage unrasiert zu bleiben.
Gewaltig keimt aus meinem Kinn der Sauerkohl.
Ich mache Ferien. Asphalt, leb wohl.
Ich freu' mich auf das Taschentücherschwenken.
Bald geht der Zug, ich kann ins Freie sehn.
Mag nicht ans Kofferwiederpacken denken
und laß' die Uhr für ein paar Tage stehn.
Nun bin ich frei, weg mit dem Schlips und Kragen.
Ich möchte ein paar Purzelbäume schlagen
und singe so vergnügt wie der Pirol:
Ich mache Ferien. Asphalt, leb wohl.
Fred Endrikat, 1890-1942
Früh im Wagen
Es graut vom Morgenreif
In Dämmerung das Feld,
Da schon ein blasser Streif
Den fernen Ost erhellt;
Man sieht im Lichte bald
Den Morgenstern vergehn,
Und doch am Fichtenwald
Den vollen Mond noch stehn:
So ist mein scheuer Blick,
Den schon die Ferne drängt,
Noch in das Schmerzensglück
Der Abschiedsnacht versenkt.
Dein blaues Auge steht
Ein dunkler See vor mir,
Dein Kuß, dein Hauch umweht,
Dein Flüstern mich noch hier.
An deinem Hals begräbt
Sich weinend mein Gesicht,
Und Purpurschwärze webt
Mir vor dem Auge dicht.
Die Sonne kommt; – sie scheucht
Den Traum hinweg im Nu,
Und von den Bergen streicht
Ein Schauer auf mich zu.
Eduard Mörike, 1804-1875
Reiseziele - Reiseberichte - Reise-er...fahrungen
Lasst mich nur auf meinem Sattel gelten,
bleibt in euern Hütten, euern Zelten,
und ich reite froh in alle Ferne –
über meiner Mütze nur die Sterne.
Er hat euch die Gestirne gesetzt
Als Leiter zu Land und See
Damit ihr euch daran ergetzt,
Stets blickend in die Höh` (Goethe)
—
Sommeridylle
Berge und Täler sind jetzt voll von Menschen,
Welche sich Urlaub genommen haben
Und an der reinen Luft der Kurorte
Sowohl sich als ihre Angehörigen laben.
Viele hört man mit Neugierde fragen,
Ob hier noch echte Wilderer wachsen,
Welche die wirklichen Gemsen töten.
Meistens sind diese Leute aus Sachsen.
Manche baden in dem klaren Gewässer,
Wobei erwachsene Töchter nicht geizen
Mit ihren Formen, von denen man füglich
Glaubt, daß sie den Junggesellen anreizen.
Ihre Mütter stricken indes im Garten,
Wo sie Kaffee mit Honig genießen
Und sich über die Dienstboten äußern,
Welche sie in der Stadt darin ließen.
Abgesondert sitzen die Ehemänner,
Welche sich gründlich dadurch erfrischen,
Daß sie nichts von den Frauen hören,
Sondern beim Skat ihre Karten mischen.
Auf den Ruhebänken am Seeufer
Sitzen zwei Richter, welche verdauen
Und anderen Leuten durch Fachsimpeln
Ihren Sommeraufenthalt versauen.
—
Urlaubshitze
Überall hört man von Hitze,
Manchen trifft sogar der Schlag,
Naß wird man am Hosensitze
Schon am frühen Vormittag.
Damen, denen man begegnet,
Leiden sehr am Ambopoäng:
"Gott! Wenn es nur endlich regnet'!"
Ist der ewige Refräng.
Oberlehrer und Pastoren
Baden sich in diesem Jahr,
Ihre Scham geht auch verloren,
Und man nimmt sie nackicht wahr.
Busen, Hintern, Waden, Bäuche
Zeigt man heuer lächelnd her,
Und wir kriegen schon Gebräuche
Wie die Neger ungefähr.
Wenn das Barometer sänke,
Käme eine bess're Zeit
In bezug auf die Gestänke
Und in puncto Sittlichkeit.
Ludwig Thoma, 1867-1921
-
Brief aus der Sommerfrische
Heute morgen war der Himmel wolkengrau bezogen.
Nach dem Regen aber kam ein sonnig schöner Tag,
und ein Stückchen von dem wunderbaren Regenbogen
lege ich Dir mit hinein in diesen Briefumschlag.
Auch dies kleine Blümchen hier, ganz einfach und bescheiden,
sendet Dir die besten Grüße über Tal und Höh'n.
Seine Schwestern blühn am See dort bei den alten Weiden.
Wie die Blümchen heißen, weiß ich nicht, doch sie sind schön.
Wenn Du hören könntest, wie die Vögel jubilieren –
und Du hockst dort in der Stadt im dunstigen Büro,
mußt auf Straßenpflaster abends müde heimmarschieren.
Der Gedanke stimmt mich dann ein wenig gar nicht froh.
Aber was ich hier erlebte in den schönen Tagen,
steht Dir alles noch in allernächster Zeit bevor.
Was vorüber ist, das soll man nimmermehr beklagen.
Wenn die Sonne scheint, dann weint und jammert nur der Tor.
Nur acht Tage, noch acht schöne Tage, und dahinter
winken ferne schon die Ferien im nächsten Jahr.
Eine einz'ge Krähe macht noch lange keinen Winter,
und ein graues Härchen macht noch keinen Jubilar.
Und so will ich denn für heute meinen Brief beschließen,
leider wurde daraus wieder einmal ein Gedicht.
Alle Bäume lassen Dich aus tiefster Wurzel grüßen.
Grüße Du dort alle Menschen – nur die Spießer nicht.
Fred Endrikat, 1890-1942
De ascensu montis Ventosi - Francesco Petrarca (wikipedia)
Die Besteigung des Mont Ventoux - Francesco Petrarca, 1304-1374: Brief an
Francesco Dionigi von Borgo San Sepolcro (1336)
L`invitation - Charles Baudelaire
Mignon - Kennst du das Land... - Johann
Wolfgang von Goethe
Morgenwanderung - Franz Emanuel
August Geibel
Der frohe Wandersmann -
Joseph von Eichendorff
Die blaue Blume - Joseph
von Eichendorff (..."blaue Blume" der Romantik)
Sehnsucht - Joseph von Eichendorff
Hurra - Ferien - Kurt Tucholsky
Auf der Reise - Ludwig Tieck
Reiselied -
Hugo von Hofmannsthal
Meeresleuchten - Friedrich Hebbel
Seefahrt - Johann Wolfgang von Goethe
Zwei Segel - Conrad Ferdinand Meyer
Möwenflug - Conrad Ferdinand Meyer
Meeresstrand - Theodor Storm
In
einem kühlen Grunde - Joseph Freiherr von Eichendorff
Das Wandern ist
des Müllers Lust - Wilhelm Müller
Vorm
Springbrunnenstrahl - Max Dauthendey
Römische
Fontäne - Rainer Maria Rilke
Auf dem Canale Grande -
Conrad Ferdinand Meyer
Unterwegs - Georg Trakl
Reisegesellschaft - Friedrich
Rückert
Flucht nach Toskana - August
von Platen
Bilder Neapels - August von Platen
Der Balkon - Neapel - Rainer Maria Rilke
Kissinger Becherlied - Moritz
Gottlieb Saphir
Auf der Wartburg - Albrecht
Graf Wickenburg
Die Tristesten von allen Tristen
Das sind die ewig enttäuschten Touristen;
Sie haben sich alle Wunder der Welt
Immer ganz anders vorgestellt:
Den Montblanc viel blanker
Und das Matterhorn schlanker,
Das Nordkap viel kälter
Und Pompeii viel älter,
San Marco bedeitender
Und den Glockenturm läutender ...
Ein Glück nur, daß Narren von solchem Schlage
Noch nicht gereist sind am ersten Tage;
Sie hätten mit ihrer Kritik der Welt
Dem lieben Gott das Schaffen vergällt. — Ludwig Fulda
Heimweh
Wer in die Fremde will wandern,
Der muß mit der Liebsten gehn,
Es jubeln und lassen die andern
Den Fremden alleine stehn.
Was wisset ihr, dunkele Wipfel,
Von der alten, schönen Zeit?
Ach, die Heimat hinter den Gipfeln,
Wie liegt sie von hier so weit!
Am liebsten betracht ich die Sterne,
Die schienen, wie ich ging zu ihr,
Die Nachtigall hör ich so gerne,
Sie sang vor der Liebsten Tür.
Der Morgen, das ist meine Freude!
Da steig ich in stiller Stund
Auf den höchsten Berg in die Weite,
Grüß dich, Deutschland, aus Herzensgrund!
Joseph von Eichendorff, 1788-1857
Sommerelegie - Max Dauthendey
Spätsommer - Frühherbst - Erntezeit
Später Sommer
Verschwunden sind vom Feld die letzten Garben.
Das Laub der Bäume schimmert rostigbraun.
Der Garten strahlt jetzt in Spätsommerfarben,
und draußen steht der Herbst schon vor dem Zaun.
Der Nebel senkt sich wie ein grauer, feuchter Hauch
auf Flur und Au und auf den Hagebuttenstrauch.
Ein letzter Gruß der bunten Georgine,
dann greife ich zur Winterpellerine.
Die Luft ist kühl, es schwingt in ihr ein Grämen,
so wie ein fernes, kaum geahntes Leid.
Es ist so wie ein stilles Abschiednehmen
von einer schönen, vielgeliebten Zeit.
Die Erde prangt in ihrem letzten Blumenflor,
bereitet sich auf herbstlich rauhe Tage vor.
Die Astern blühn so prächtig wie ein Wunder.
Im Glase blinkt und funkelt der Burgunder.
Jetzt rüsten sich die Vöglein auch zum Reisen,
versammeln sich in Scharen im Geäst.
Sie ruhen aus, sie fliegen auf und kreisen.
Es ist so wie ein Sommer-Abschiedsfest.
Bald geht mein Zug, denn heute ist der letzte Tag.
Mir ist so weh, daß ich es kaum beschreiben mag.
Verklungen sind des Sommers frohe Lieder.
Die Träne rinnt, der Asphalt hat mich wieder.
Fred Endrikat, 1890-1942
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Siehe auch: