Die Forelle
In einem Bächlein helle.
Da schoß in froher Eil`
Die launige Forelle
Vorüber wie ein Pfeil.
Ich stand an dem Gestade
Und sah in süßer Ruh`
Des muntern Fisches Bade
Im klaren Bächlein zu.
Ein Fischer mit der Ruthe
Wohl an dem Ufer stand,
Und sah`s mit kaltem Blute,
Wie sich das Fischlein wand.
So lang dem Wasser Helle,
So dacht` ich, nicht gebricht,
So fängt er die Forelle
Mit seiner Angel nicht.
Doch plötzlich ward dem Diebe
Die Zeit zu lang. Er macht
Das Bächlein tückisch trübe,
Und eh` ich es gedacht;
So zuckte seine Ruthe,
Das Fischlein zappelt dran,
Und ich mit regem Blute
Sah die Betrogne an.
Die ihr am goldnen Quelle
Der sichern Jugend weilt,
Denkt doch an die Forelle;
Seht ihr Gefahr, so eilt!
Meist fehlt ihr nur aus Mangel
Der Klugheit. Mädchen, seht
Verführer mit der Angel!
Sonst blutet ihr zu spät.
Christian Friedrich Daniel Schubart, 1739-1791
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