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Kunst der Liebe

Alles – also in den Sternen
Steht's von Götterhand geschrieben –
Alles muß der Mensch erst lernen,
Alles – auch sogar zu lieben.

Jüngling, dem die braunen Haare
Dicht und voll die Stirn umwehen,
Glaube nicht, die echte, wahre
Kunst der Liebe zu verstehen!

Ziellos, ohne Mast und Steuer,
Taumelst du, ein Spiel der Wogen,
Blitze sind dein ganzes Feuer –
Und ein Blitz ist rasch verflogen.

Doch wie aus der Erde Schlünden
Rastlos strömen ew'ge Fluten,
Also, nimmer zu ergründen,
Sind des Mannes treue Gluten.

Wie das Weltmeer sonder Ende
Um die Erde sich ergossen,
Also halten Herz und Hände
Die Geliebte fest umschlossen.

Herrlich ist's, in Fesseln schlagen
Eine Seele, die uns eigen;
Doch im Dulden, im Entsagen
Wird sich echte Liebe zeigen.

Jünglingsherz, du kannst nur stürmen
Keck wie Phaeton zur Sonne;
Die Geliebte treu zu schirmen,
Ist des Mannes höchste Wonne.

Hangend an dem süßen Munde,
Ohne Grollen, ohne Zagen,
Ruhig harret er der Stunde,
Die ihr Auge ihm wird sagen.

Weiß er doch, daß nie auf Erden,
Wie er ringe, nie und nimmer,
Frauenhuld verdient kann werden,
Freie Gabe bleibt sie immer.

Jünglingsliebe muß sich nähren,
Oder ach, sie bricht zusammen;
Das Verweigern, das gewähren
Schüret gleich des Mannes Flammen.

Aber wenn die Spröde mälig
Schmilzt in lächelndem Erbarmen,
O wie hält er dann so selig,
Hält sie fest in starken Armen! –

Liebste, der die ersten Gluten
Meines Herzens ehmals brannten,
Sieh die Götter, sieh die guten,
Wie sie es so gnädig wandten!

Glühend liebte dich der Knabe,
Ach, und machte doch dir Schmerzen;
Wandellos nun bis zum Grabe
Ruhst dem Manne du am Herzen!

Robert Eduard Prutz, 1816-1872

 

 

 

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