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Gleich den Frauen lebt die Sonne...

Gleich den Frauen lebt die Sonne vom Bewundern und Vertrauen.
Sie kann Wetter einreißen, die sich drohend aufbauen.

Auf die regendunkle Erde scheint heute die Sonne,
Hält die Luft am Boden still und am Himmel der Wolken Herde,
Weil sie sich lagern will wie ein sanftes Weib,
Das hineintritt mitten in einen Streit Leib an Leib

Und die Eichen rauschen nicht mehr
und stehen gebändigt umher.

Weiße Wolken hinter den Wipfeln hängen wie silberne Helme dort,
Als legten die Männer die Rüstungen fort.
Da darf kein wütender Schatten mehr über die Gräser jagen;
Alles atmet des Weibes Behagen.
Die Sonne geht warm herum
Und sieht sich nur nach den Herbstspinnen um,
Die ihre Netze zwischen den Ästen aufschlagen.

Max Dauthendey 1867-1918

 

 

 

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