Das Gedicht "Schlaflose Nacht" schrieb Nikolaus Lenau.
 Schlaflose Nacht, du bist allein die Zeit
 Der ungestörten Einsamkeit!
 Denn seine Herde treibt der laute Tag
 In unsern grünenden Gedankenhag,
 Die schönsten Blüten werden abgefressen,
 Zertreten oft im Keime und vergessen.
 Trägt aber uns der Schlaf mit weicher Hand
 Ins Zauberboot, das heimlich stoßt vom Strand,
 Und lenkt das Boot im weiten Ozean
 Der Traum herum, ein trunkner Steuermann,
 So sind wir nicht allein, denn bald gesellen
 Die Launen uns der unbeherrschten Wellen
 Mit Menschen mancherlei, vielleicht mit solchen,
 Die feindlich unser Innres tief verletzt,
 Bei deren Anblick sich das Herz entsetzt,
 Getroffen von des Hasses kalten Dolchen;
 An denen gerne wir vorüberdenken,
 Um tiefer nicht den Dolch ins Herz zu senken. –
 Dann wieder bringen uns die Wellenfluchten,
 Wohin wir wachend nimmermehr gelangen,
 In der Vergangenheit geheimste Buchten,
 Wo uns der Jugend Hoffnungen empfangen.
 Was aber hilfts? wir wachen auf – entschwunden
 Ist all das Glück, es schmerzen alte Wunden.
 Schlaflose Nacht, du bist allein die Zeit
 Der ungestörten Einsamkeit!
Nikolaus Lenau, 1802-1850
Gedichte:
- Gedichte über das Leben
- Gedichte über den Mensch
- Gedichte über das Alter
- Naturgedichte
- Freundschaftsgedichte
 Gedichte
Gedichte Impressum
 Impressum Datenschutz
 Datenschutz