Das Gedicht "Lob der schwarzen Kirschen" schrieb Anna Louisa Karsch.
 Des Weinstocks Saftgewächse ward 
 Von tausend Dichtern laut erhoben; 
 Warum will denn nach Sängerart 
 Kein Mensch die Kirsche loben? 
 O die karfunkelfarbne Frucht 
 In reifer Schönheit ward vor diesen 
 Unfehlbar von der Frau versucht, 
 Die Milton hat gepriesen. 
 Kein Apfel reizet so den Gaum 
 Und löschet so des Durstes Flammen; 
 Er mag gleich vom Chineser-Baum 
 In ächter Abkunft stammen. 
 Der ausgekochte Kirschensaft 
 Giebt aller Sommersuppen beste, 
 Verleiht der Leber neue Kraft 
 Und kühlt der Adern Äste; 
 Und wem das schreckliche Verboth 
 Des Arztes jeden Wein geraubet, 
 Der misch ihn mit der Kirsche roth
 Dann ist er ihm erlaubet; 
 Und wäre seine Lunge wund, 
 Und seine ganze Brust durchgraben:
 So darf sich doch sein matter Mund 
 Mit diesem Tranke laben. 
 Wenn ich den goldenen Rheinstrandwein 
 Und silbernen Champagner meide,
 Dann Freunde mischt mir Kirschblut drein 
 Zur Aug- und Zungenweide:
 Dann werd' ich eben so verführt, 
 Als Eva, die den Baum betrachtet,
 So schön gewachsen und geziert, 
 Und nach der Frucht geschmachtet. 
 Ich trink und rufe dreymal hoch!
 Ihr Dichter singt im Ernst und Scherze 
 Zu oft die Rose, singet doch 
 Einmal der Kirschen Schwärze! 
Anna Louisa Karsch, 1721-1791
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