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Der Wind hat Stimme bekommen

Der Wind hat Stimme bekommen,
Er geht um die Häuser mit Grollen,
Er hat einen Anlauf genommen
Und weht die Wolken zu Hauf.
Er bringt die Stille ins Rollen,
Er leckt den Schnee an den Bergen auf
Und taumelt die Straßen entlang
Wie ein Trunkenbold mit Tollen und Sang.
Er möchte mit krassen Gelüsten
Aufbauen und verwüsten,
Er ruft Namen aus, die verschollen,
Hetzt Geister auf, die sich brüsten sollen,
Und setzt wie ein Meister ein großes Wort in die Luft.
Aber er bleibt an keinem Ort;
Er drückt an das Tor,
Machst du auf, — ist er fort,
Wie einer, der falsche Liebe schwor.

...

Nun dröhnt der Wind die zweite Nacht

Nun dröhnt der Wind die zweite Nacht,
Als ob er von Grund aus die Ruhe verhöhnt,
Als ob er die Trommel rührt und wacht.
Er drückt an das Fenster, der Rahmen kracht,
Als ob er hinter Tapeten nachspürt
Und Argwohn und Verrat anschürt.

Am Fluß steht kahl die Pappel zur Luft
Und weht im Winde sacht im Takt.
Der Wind gern an der Pappel hingeht,
Sie, die so schlank und auch so schmal,
Die sich ihm hingibt splitternackt;
Er hat sie stürmisch angepackt.

In dritter Nacht ist er aufgesprungen
Noch übernächtig und hat die Lungen weit gemacht
Und hat von Liebe unendlich gesungen,
Prächtig bei Stimme, und hielt die Pappeln umschlungen.

Der Wind brach in die vierte Nacht herein

Der Wind brach in die vierte Nacht herein
Und es tat wie ein Riß durchs Haus hingehen,
Als ließ` er keinen Ballen mehr stehen,
Als blies` er die Augen dem Schlaf noch aus,
Als biss` er den Worten den Boden ab;
Als wollt` er alle Vorstellung verwehen,
Und Arme voll trug er Gedanken fort.
Bald war nur ein Schwanken noch ohne Wort,
Und der Wind war allein; und blind vom Schrein
Entleibt er sich selbst unterm Getose
Und stürzt ins Bodenlose hinein.
Am Morgen war alles wie nach einem Spiel,
Die Schneeflocke fiel an dem Fenster vorbei,
Still aus der nebelnden Himmelsglocke
Sank verdunkelnd der Schnee ins Einerlei.

 

 

 

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